Radlertreff Baku

Freunde! Schon wieder einige Tage vergangen seit meiner letzten Meldung und am Titel könnt ihr erkennen, dass ich es mittlerweile bis Baku geschafft habe. Tatsächlich bin ich hier sogar schon am Sonntag Abend angekommen.

Die Strecke hierher fand ich eher trist, abgesehen von der Gebirgskette, die sich zur Linken gezeigt hat:

Meist habe ich meinen Kocher genutzt um Abendessen oder Mittag zu machen:

Und nach einem Tag radeln durch Sonne und Autoverkehr jedesmal versucht einen Zeltplatz möglichst entfernt von der lauten Straße zu finden. Meist hat das auch ganz gut geklappt. Einmal kommen morgens während ich abbaue zwei Bauern vorbei, die neugierig schauen, und fragen „Tourist?“. Da mir gerade nicht einfällt was „Nein, ich wohne jetzt hier“, auf aserbaidschan heißt, nicke ich nur und mache die Daumen-nach-oben-Geste, deren Gebrauch ich mangels englischsprachiger Bevölkerung schon fast inflationär mache.

Hier sind sie gerade dabei ihr Pferd zu überzeugen, den Karren auf den Weg zu ziehen (ich sah das Vehikel in Gedanken schon umgekippt am Boden liegen :O)

Ich überhole sie später in einem großen Bogen, da Pferde auf Radfahrer doch oft ziemlich schreckhaft reagieren.

Ihre LKW Kollegen machen um mich meist auch große Bögen:

Nicht selten sieht man LKW, deren Ladung oben doppelt so breit wie die Ladefläche ist, dann bekomme ich (kurz) ein wenig Schatten auf dem Rad 😉

Dieser Kollege hier oben erinnert mich an einen Film. Es ist aber nicht wirklich ein DeLorean. Trotzdem verspüre ich nun ein wenig das Bedürfnis mein Rad auf 88 MPH zu beschleunigen, was aber (aufgrund des ständigen Gegenwindes) nicht gelingt.

Ca. 2 Tage vor Erreichen Bakus wird der Verkehr dann immer stärker, und ständig winken und rufen Leute vom Straßenrand, einige laufen sogar quer über die Straße und die Betonabsperrung der Fahrbahnen, nur um Selfies mit mir zu machen. Ich bin ziemlich genervt und möchte einfach nur meine Ruhe haben. Auch wenn ich weiß, dass es alles total liebe Leute sind, und natürlich nichts für meine Stimmung können.

Einer fährt mit seinem Auto neben mir und bedeutet mir anzuhalten, um ein Selfie zu machen. Ich winke nur freundlich und möchte, dass er weiterfährt, aber er lässt sich nicht „abschütteln“. Bestimmt zwei Minuten fährt er neben mir her, bis ich nachgebe. Dann soll ich auch noch etwas auf aserbaidschan in seine Videoaufnahme sprechen (ich vermute ein Schimpfwort ;D), worauf ich keine Lust habe, aber nachdem er mich ein drittes Mal auffordert gebe ich nach und er verschwindet dann auch bald. Auch jeder Straßenhändler etc. möchte, dass ich anhalte. Nein, bitte nur Ruhe! Langsam wird es auch dunkel, und mangels Bäumen oder Seitenstraßen, die nicht durch ein Tor geschlossen sind, ist es schwierig.

Ich nehme die Sonnenbrille ab und gewinne noch mal 20 Minuten Tageslicht (Licht in Minuten anzugeben ist wohl ungefähr so, wie Entfernung in Tagen…). Heute gebe ich mich mit einer ungenutzten Unterführung zufrieden. Sicher hätte ich auch in irgendjemandes Garten campen können, aber ich wollte niemanden mehr sehen heute 😉

Ich freue mich auf Baku, um dort mein Rad ablegen zu können und mich anonym unter andere Touristen mischen zu können. Und auf eine Dusche freue ich mich! Leider stehen die meist nicht einfach in der Landschaft und Quellen gibt es hier auch keine.

Eine weitere Nacht, diesmal irgendwo im Nirgendwo, 70 km vor Baku:

Es gibt auch ein paar Büsche und etwas Grün, aber die Moskito-Population ist dort noch um ein Vielfaches größer als ohnehin schon. Ich stelle das Zelt also der freien Fläche auf, denn im Grün ergibt sich folgende Situation:

Die Jacke ist nur Moskitoschutz, es ist tatsächlich ziemlich warm.

Eine Nebensonne:

Und analog ist das dann wohl eine Rad-Sonne:

Am nächsten Tag entdecke ich nach nur 6 geradelten Kilometern ein Reiserad im Rückspiegel. Ich halte an und lerne James kennen! Er ist aus England und hat die nächsten Monate ungefähr die gleiche Strecke vor sich, wie ich auch. Zusammen geht es weiter nach Baku.

Es tut gut, sich endlich mal wieder richtig mit jemandem unterhalten zu können.

Baku ist toll und die Dusche im Hostel auch 😀 Ein ziemlicher Kontrast zur Wüstenetappe der letzten Tage. Die meisten Leute sprechen Englisch. Jetzt heißt es erst mal, sich um das Usbekistan Visum zu kümmern, und die besten Rad- und Outdoorläden ausfindig zu machen. Als ich vom Abendessen mit meinen Zimmernachbarinnen und einem weiteren Hostelgast zurück zum Hostel komme, entdecke ich zwei Räder neben meinem, ziemlich offensichtlich Reiseräder. Ich schließe eine Wette ab, dass ich die Radler in der Hostel-Lobby sofort erkennen würde. Tatsächlich erscheinen sie aber erst später am Abend. Arthur und Elliot, aus Frankreich und England. Beide auch in der gleichen Richtung unterwegs.

Da die Botschaft am Montag geschlossen war, haben wir zusammen heute dort unsere Visa beantragt: In der Mitte ist Elliot zu sehen, James kennt ihr ja schon und Arthur hat sein Visum bereits.

Gleichzeitig lernen wir dort noch weitere Radler kennen, darunter Chris aus Deutschland, und ein portugisisches Paar mit Motorrad. Die beiden leben in Luxemburg und sprechen auch deutsch.

Tja, das verspricht eine lustige Fährfahrt zu werden 😀 Diese legt übrigens aus Alat ab, 70 km südlich, James und ich sind auf dem Weg nach Baku bereits dort vorbeigekommen. Die Fähre fährt leider nicht nach festen Zeiten sondern sobald sie voll ist und vom Wetter abhängig.

Die Visa sind voraussichtlich Montag fertig und bis dahin sind hoffentlich auch unsere Pakete eingetroffen (James und Elliot bekommen auch Post nach Baku).

2 Kommentare zu „Radlertreff Baku“

  1. Hallo Flo,
    wow wie weit du schon gekommen bist. Bin echt erstaunt. Gönn dir ruhig mal die paar Tage Pause in Baku. Und hoffentlich bleiben deine Wegbegleiter dir ein Stück erhalten. Ist bestimmt auch mal ganz nett jemanden zu haben mit dem du eine Unterhaltung führen musst ohne auf Apps zurückgreifen zu müssen. Nutzt du eigentlich nebenbei auch dein tolles Wörterbuch ohne Worte? Das fand ich echt richtig genial. Und was ich dir noch sagen muss. Du hast zwischendurch so unglaublich tolle Fotos gemacht. Die sind richtig toll geworden. Vor allem sie Sternenbilder von der Milchstraße und dein Bild mit dem Rad wo die Sonne durch scheint. Unglaublich. Wenn Du wieder da bist werde ich dich bestimmt nach ein paar Abzügen fragen. So und nun begebe ich mich mal weiter in den Umzugs- und Abschiedsstress. Halt die Ohren steif.
    Deine Käärin

    1. Hey Karin!
      Schön von dir zu hören, das heißt, Biebertal gibt es auch noch 😀
      Das Buch habe ich bisher tatsächlich noch nicht gebraucht, es aber schon öfter herumezeigt was immer zu viel Begeisterung bei den Betrachtern geführt hat! Und es liegt ja auch noch etwas Westrecke vor mir.
      Dir noch viele Grüße und Erfolg beim Umziehen und Verabschieden (ohne Stress!)
      Florian

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