Radel(?)geschichten aus Usbekistan

Hey zusammen!

Es gab wieder mal einen großen Sprung! Heute schreibe ich euch aus Buchara.

Nachdem ich in Nukus schon ein paar Tage ausgeruht hatte und wegen der Temperaturen nicht viel Lust auf irgendwas hatte sollte es dann ja doch irgendwann mal wieder voran gehen. Praktisch, dass Jack sich gemeldet hat, der etwas später auch in Nukus ankommt. Ich hatte ihn schon in Baku getroffen. Da fällt es mir leicht, noch einen Tag Wartezeit dranzuhängen um mit ihm zusammen zu starten.

Es ist schön sich wieder mal richtig mit einem Gleichgesinnten unterhalten zu können. Auch wenn ich die Einwohner hier natürlich mindestens so schätze!

Wir starten abends gegen 19 Uhr, da die tieferstehende Sonne das Radeln dann erträglich macht, und es geht auch direkt gut voran. Fühlt sich super an, nach einigen Tagen endlich wieder selbst im Sattel zu sitzen. Leider stellt sich aber ziemlich schnell heraus, dass Jack ziemlich flott unterwegs ist. Echt schade, ich wünsche mir mal einen Radler (oder eine Radlerin?), der in meinem Tempo fährt. Aber man kann ja nicht alles haben. Trotzdem genießen wir die Kühle des Abends und das Gefühl des Dahinrollens über die gute Straße. Diese haben wir komplett für uns alleine, denn sie läuft parallel zur eigentlichen und ziemlich kaputten Straße und ist für Autos noch gesperrt. Nur ein paar einheimische Radler kommen uns hin und wieder entgegen.

Fahrradteilhändler:

Überhaupt gibt es hier so viele Radfahrer wie ich sonst nirgends auf der Reise gesehen habe. Die meisten Autos sind ziemlich kleine, (ich glaube) meist gasbetriebene, und oft sind diese auch noch voll besetzt. Sammeltaxis (Marshrutkas) fahren quer durch die Städte und nehmen einen für 1000 Sum mit. Zumindest in Nukus. Das ist doch mal ein toller Gegensatz zu den vielen SUVs anderer Länder!

Auch sehe ich hier zum ersten Mal Menschen, die ernsthaft Sonnenschirme benutzen.

Wäre doch ne Idee, Sonnenschirmhalter für’s Reiserad, dann kann man auch mal mittags fahren! Oder es als Segel nutzen, bei Rückenwind.

Abends bauen wir unsere Zelte nebeneinander in der Wüste auf, und kochen noch zusammen. Leider packt mich in der Nacht irgendwas mit Margen-Darm, evtl. habe ich auch etwas Falsches gegesssen. Da ich nun sicher noch langsamer bin, schicke ich Jack schonmal voraus nach Khiva, das nächste größere Ziel. Er versichert sich mehrmals ob es auch ok sei und ist dann schon eine Minute nach meinem ok außer Sichtweite. Eigentlich läuft es auch bei mir ganz gut, wäre da nicht eine ständige Übelkeit. Nichtmal Wasser kann ich wirklich trinken. Mein Ziel war eine in der Karte verzeichnete Tankstelle, die ich mir in meinen Gedanken mit Klimaanlage und Kühlschrank inkl. Getränke ausmale. Kurz vorher bin ich aber schon ziemlich platt und frage an einem Kiosk nach Getränken (der erste, an dem ich seit dem Morgen auf etwas Kühles zu trinken hoffen kann). Und tatsächlich bekomme ich etwas später eine eiskalte Flasche Wasser gebracht. Wirklich unterhalten kann ich mich mit ihnen nicht, was weniger an der Sprachbarriere liegt, als vielmehr daran, dass ich einfach nur platt bin. Und auf wundersame Weise liege ich etwas später in einem kühlen Zimmer mit Klimaanlage auf einem für mich ausgerollten Teppich. Fantastisch! Die Menschen sind so unfassbar freundlich, geduldig, gastfreundlich und nett hier.

Ich dagegen nutze das erstmal gnadenlos aus und schlafe direkt 5 Stunden. Nachmittags ist es dann immer noch zu heiß zum Weiterfahren und ich bin noch etwas schlapp, aber dafür kann ich mich nun mit den Leuten unterhalten, ihnen danken, mich erkenntlich zeigen. Immer wieder kommen neue Leute, gehen wieder, sitzen und essen und laden mich ebenfalls dazu ein. Das Essen muss ich leider noch ablehnen, aber ich sitze gerne bei ihnen und unterhalte mich mit ihnen. Einer spricht sogar ein wenig Englisch.

Im Fluss nebenan möchte ich dann trotz Hitze lieber nicht baden, auch wenn es den Einheimischen großen Spaß bereitet. Mein Gasgeber bringt mir dafür aber ein eiskaltes Fußbad, was umso erfrischender ist.

Ich bekomme auch Angebote, bei Leuten im nächsten Ort oder sogar gleich hier zu übernachten, aber da es bis Khiva noch gut 100 km sind und ich bereits eine Nacht in der Wüste geschlafen habe, muss ich morgen wieder in einem Hotel einchecken. „Registration“ nennt sich das, ich benötige mindestens alle 72 h einen Hotelbeleg. Bleibe ich jetzt hier, wird das aber schwierig. Also warte ich noch bis 19 Uhr um dann in der Abendsonne weiterzuradeln. Das geht ganz gut. Erst überquere ich die schwimmende Brücke über den Fluss, die mit Stahlplatten und unzähligen aufgeschweißten Flicken versehen ist (aufgrund der anwesenden Polizei habe ich mir das Foto verkniffen), und dann geht es durch eine wesentlich grünere Landschaft, wobei sogar die Straße links und rechts von Bäumen gesäumt ist und nun im Schatten liegt. Auch kleinere Läden, an denen es mindestens Wasser, Cola, Bier und Süßigkeiten gibt, findet man nun regelmäßig. Manchmal gibt es noch Energydrinks, ganz selten mal ne Zitronenlimo oder anderes. Cola ist dagegen überall präsent. In Nukus waren Jack und ich sogar in einer Pizzeria, in der es nur Cola, nichtmal Wasser gab. Da weder er noch ich Cola trinken, sind wir dann woanders hingegangen, obwohl die Pizza schon geil gewesen wäre. Aber zurück: Die Tankstelle mit Klimaanlage aus meinen Tagträumen gibt es nicht wirklich, also hatte ich echt richtig Glück gehabt! Ich bin auch nicht mehr genervt, von Menschen, die nach Selfies fragen (wie in einem vorigen Land mal), im Gegenteil sogar. Das ist immer sehr höflich hier, nicht aufdringlich und sie freuen sich dann immer wie ein Honigkuchenpferd. Tolle Menschen hier!

Nun fahre ich zwischen bewässerten Feldern hindurch, oft sind diese einfach komplett überschwemmt. Es ist sehr schwül und mir kommt es auch noch ziemlich warm vor. Und das obwohl das Thermometer nur 35°C anzeigt. Das muss die Luftfeuchte sein. Als die Sonne untergeht, fahre ich immer öfter durch warme oder kühle Luftmassen, was dann mal sehr angenehm ist, oder Saunagefühle aufkommen lässt.

Meine gewünschte Kilometerleistung schaffe ich heute leider nicht mehr, mir ist aber schon wieder etwas übel und so suche ich mir einfach einen Platz fast direkt am Straßenrand für mein Zelt. Ich freue mich darüber, dass es so wenige Moskitos hier gibt. bei den Bedingungen hätte ich mehr erwartet. Überhaupt ist das seit der Überfahrt aus Baku gar kein Problem mehr.

Am nächsten Moren bin ich schon um 5 Uhr auf dem Rad und komme so gut voran, dass ich die gesammte restliche Strecke nach Khiva am Stück radel, obwohl ich dafür einige Zeit durch die Mittagssonne muss.

Besonders die Morgenstunden vor und kurz nach Sonnenaufgang genieße ich sehr. Sogar ein paar Fotos mache ich, was ich ansonsten in den letzten Tagen etwas vernachlässigt habe:

Und mein Magen erholt sich wieder langsam.

Die Straßenqualität schwankt zwischendurch stark, mal WBF 1-2 dann kommt wieder ein Stück mit WBF 6. Autofahrer kommen einem auch gerne mal auf der gleichen Fahrbahnseite entgegen, wenn der Belag hier fahrbarer aussieht (das sollte ich später noch viel genauer selbst erleben).

Im Hotel falle ich erst mal in’s Bett. Abends laufe ich dann durch die Stadt, wirklich wunderschön:

Es ist ca 21 Uhr, und die Gassen sind überraschend leer. Ich sehe so gut wie keine andere Touristen.

Jack ist schon den Abend zuvor angekommen, und möchte wohl per Rad weiter. Da zwischen Khiva und Buchara, der nächsten größeren Stadt, ziemlich viel Wüste liegt, überlege ich mir, nochmal den Zug zu nehmen, oder ein Taxi.

Am Morgen nach meiner zweiten Nacht hier soll es weiter gehen, und das Taxi wurde vom Hotel organisiert. Sogar, dass mein Rad auf’s Dach muss, ist mittlerweile ok für mich. Mir fehlt aber ein Werkzeug! Meine Pedale lassen sich nur per Inbus montieren, und die an meinem Werkzeug sind nicht groß genug. Das Pedal soll ja nicht am Dach kratzen. Während ich versuche ein Werkzeug zu finden, findet sich noch etwas ganz anderes: Zwei Belgier, Ruth und Bob, die nach Samarkand möchten. Sie sind auch Radler, haben ihre Räder aber für einen Tagesausflug nach Khiva nicht mit hergebracht. Kurzentschlossen schließen sie sich der Taxifahrt an 🙂 Da sie auch durch den Pamir möchten, versorgen sie mich gleich auch noch mit einigen aktuellen Infos. Das Pedal bleibt dann schließlich doch einfach am Rad und so geht es los. Dabei ist das Rad einfach mit ein paar Seilen am Dachträger angeknotet:

Unser Fahrer ist ein echter Glücksfall(? ;-)). Ein kurzer Zwischenstopp im Supermarkt (der erste seit Wochen) und schon beweist er uns seine Fahrkünste. Er überholt wirklich jeden, und scheint mit jedem einzelnen Schlagloch per du zu sein. Eine große Gruppe Reiseradler sehen wir noch kurz nach der Abfahrt aus Khiva. Ich hoffe sie haben wenistens Rückenwind. Viellleicht fahren sie aber auch nur in die nächste, ca. 30 km entfernte Stadt mit Bahnhof und haben auch keine Wüstenlust.

Ein Großteil der Straße auf unserer Fahrt ist ziemlich gut, aber einige Kilometer vor Buchara wird es extrem holprig. Regelmäßig streckt unser Fahrer seine Hand aus dem Fenster, um zu prüfen, ob das Rad auch noch da ist 😀

Unterwegs treffen wir auf ein anderes Auto, in dem auch Touristen befördert werden, ein Kollege von ihm fährt es wohl. Nach einiger Zeit gibt uns der Kollege ein Zeichen zu stoppen. Die Motorhaube wird geöffnet….. Hmmm. Nun gehen sie auch an die Haube unseres Autos. Die Batterie wird abgeklemmt (die nun der Kollege erhält), und die andere Batterie bei uns eingesetzt. Den Motor lässt er dabei laufen, und der reine Tausch ist nach zwei Minuten fertig und weiter geht’s.

Hin und wieder gibt es mal eine Stelle mit fester Polizeikontrolle, wo sich der Fahrer dann kurz an- und gleich darauf wieder abschnallt. Ich bin um meinen Sicherheitsgurt dagegen relativ glücklich!

https://youtu.be/6fim6QMNglo
(durch Anklicken des Links wird meine Seite verlassen und YouTube geöffnet, siehe Datenschutzerklärung)

So schnell kommt man nach Buchara inkl. Fahrrad. Ich hoffe nun bis Samarkand ganz gut radeln zu können, es ist zwar immmer noch nicht kühler, aber es gilt keine Wüste mehr zu durchqueren und Unterkünfte und Wasser sind immer in Reichweite. Und danach geht es dann hoffentlich schon nach Tadschikistan und somit in kühere Höhen!

2 Kommentare zu „Radel(?)geschichten aus Usbekistan“

  1. Gute Besserung Florian!
    Der holländische Schirm ist übrigens bis 60km/h geeignet, könnte man also in der Wüste gut als Sonnenschutz verwenden – und sieht auch noch gut aus
    [Link entfernt]

    Gruß
    Franz

    1. Hey Franz! Erstmal tausend Danke für deine (wieder mal) super Tipps, nochmal bezüglich der Knie etc. Und für die Besserungswünsche! Mir geht’s aktuell ziemlich gut 🙂
      Der Schirm ist natürlich echt witzig, ich glaube spätestens dann hätte ich alle Aufmerksamkeit der Einheimischen sicher (nicht, dass ich das nicht auch jetzt schon hätte *g*).
      Ich habe mal den Link rausgenommen, ist nicht bös gemeint, ich bin mir nur etwas unsicher, wie das rechtlich etc. ist, da bin ich etwas vorsichtig.
      Viele Grüße! Florian

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