Plan war, per Rad zurück nach Shietpie zu fahren und dann dort den Zug nehmen. Als ich dann das Bushäuschen verlassen hatte, bemerkte ich, dass der Wind wieder gedreht hat. Keine Chance rechtzeitig nach Shietpie zu kommen. Aber mit diesem Rückenwind radelt es sich wieder wunderbar in die ursprüngliche Richtung.
Als ich gerade starte, treffe ich noch Michael, der zu Fuß unterwegs ist und aus Italien kommt. Nur die Steppe / Wüste hier kann er nicht zu Fuß durchqueren, also trampt er:

Und ich kann eine weitere schöne Nacht in der Wüste verbringen, das gefällt mir sehr. Etwas doof, dass ich nachts raus muss, um mein Zelt in den Wind zu drehen, der hier offensichtlich gerne mal die Richtung wechselt.

Dass ich am nächsten Morgen wieder gegen den Wind radeln muss, wird mir erst beim Aufstehen klar. Es geht langsam voran, aber ich bin bester Stimmung. Erst mit 10 km/h, dann 8 km/h und später bin ich selbst darüber schon froh.

Umleitung! Hmmm….. ich fahre erst mal weiter, die Alternativstrecke sieht nicht so toll aus. Dann sehe ich einen Straßenarbeiter, der mir auch das OK gibt, weiterzuradeln, aber gleichzeitig merke ich, dass der Belag doch relativ klebrig ist und so wechsel ich doch auf die parallele Piste:

Hier geht nur Schieben! Es rappelt ohne Ende. Rechts läuft ein anderer Straßenarbeiter vorbei, der mich wieder auf die neue Straße winkt. Gut, lieber kleben als rappeln!


Jetzt ist auch klar, wie sie WBF 0 schaffen.
Etwas weiter kommt eine Steigung, und es gibt interessante Felsen zu sehen. Dieser sieht aus, als würde er von der Hochspannunsleitung gehalten:


Ein Autofahrer füllt mir drei Liter Wasser ab, da ich selbst nur noch relativ wenig dabei habe. Zum Glück ist das hier gar kein Problem, da fast jeder einen Kanister dabei hat, den er Zur Not über seinem Kühler entleeren kann ;D

Die Steigung bewältige ich dann schiebend und als fast oben ein Auto anhält, nehme ich sein Angebot dankend an. Immerhin noch 40 km bis zur nächsten Siedlung und der Wind hält an. Dass er Geld von mir haben möchte, macht er mir erst klar, als wir schon unterwegs sind. Anfängerfehler! Aber, ok, die 5€ waren es mir wert. Er möchte dann auch noch auf ein Getränk eingeladen werden, aber dafür kann ich mich jetzt schon morgens auf den Weg in’s Dorf machen. Ich möchte nochmal zum Bahnhof um nach einem Zug zu schauen.
Nachdem ich mehrmals hin- und hergeschickt werde, und offensichtlich niemand so richtig weiß, wo man ein Ticket bekommt, lädt mich Damir auf seinen Güterwaggon ein:


Nachdem er sich mehrmals versichert hat, ob ich 4-5 Stunden Fahrt durchhalte, geht es los. Er passt auf die Bohrmaschine / den Bagger auf und übernachtet hier wohl auch.


Ist ganz schön laut, so ein Güterzug, aber wir machen es uns gemütlich und irgendwie schaffe ich es sogar eine Zeit lang zu schlafen. In Bejneu angekommen, hilft er mir dann noch mit Hotel und Ticket für die Weiterfahrt, und erzählt mir, dass ich ihn unbedingt in Almaty besuchen kommen muss. Echt cooler Typ 😀
Da immer noch etliche Wüstenkilometer bevorstehen und meist Gegenwind herrscht, möchte ich mit dem Personenzug noch etwas weiterfahren. Nach Nukus. Die Verkäuferin (Jazira) in einem Geschäft, wo ich mich für die Fahrt ausstatte, ist total begeistert, sie spricht perfekt englisch und kommt aus Nukus, wo ich hinfahre. Sie vermittelt mir sofort die Handynummer ihrer Freundin, die dort lebt.
Auch im Zug habe ich Glück und erwische den ersten Wagen hinter der Lok, wo mein Rad senkrecht zwischen einem Backofen und einem Kühlschrank verstaut wird. Packtaschen sind gar kein Problem, denn die Einheimischen transportieren wesentlich schwerere und größere Kisten (bei denen ich öfter beim hoch und runterhiefen in die Gepäckfächer helfe). Direkt gegenüber sitzt eine ehemalige Englischlehrerin, sie ist bestimmt schon 90, total süß und herzallerliebst.
Nachdem der Zug über die Grenze ist, und gründlich von den Zollbeamten gefilzt wurde, laufen ständig Händler durch die Gänge, die alle Arten von Essen, Fleisch (von dem ich lieber die Finger lasse), Getränke oder Geldwechsel anbieten.
15 Stunden nach Abfahrt läuft er dann tatsächlich in Nukus ein, und ich kann mein Rad wieder beladen. Die Suche nach einem Hotel ist nicht so einfach, da die angegebene Adresse des vorher rausgesuchten Hotels nicht stimmt. Als ich zum dritten Mal an zwei Polizisten vorbeiradele (die ich am Anfang schon nach dem Weg gefragt hatte), fährt einer der beiden schließlich mit seinem Auto voraus um mich zum Hotel zu führen.
Der Angstellte hier ist total begeistert, denn ich sei sein erster Kunde und macht gleich mal ein Selfie mit mir. Als ich mich akklimatisiert habe bringt er mich noch in das nächste Restaurant. Hier treffe ich Nurpolat, der mich bedient. Er lädt mich ein, mich am nächsten Tag etwas durch die Stadt zu führen, und mir seine Familie vorzustellen.

Er führt mich in’s Museum und später zu ihm nach Hause, wo ich seine Familie kennenlerne. Alle sind unheimlich nett und freundlich und machen außerdem noch ein köstliches Essen! Wirklich tolle Leute, die mir gleich auch noch anbieten am nächsten Tag nochmal vorbeizukommen! Diese Gastfreundschaft ist wirklich großartig 😀

Später ziehen Nurpolat noch in die Stadt um dort Jazira (die aus dem Laden in Bejneu) und ihre Freundin zu treffen.
Am nächsten Morgen mache ich mich auf, Geld aufzutreiben, was gar nicht so einfach ist. Ein Automat ist nur für einheimische Kunden, ein anderer nimmt nur Master Card, der nächste hat nur Dollars, und schließlich lande ich in einer Bank, die mir wenigstens Dollars tauschen, aber auch hier muss ich noch ein zweites Mal vorbei kommen, da mein Schein einen kleinen Riss hat, und sie den nicht nehmen möchten.
Danach verziehe ich erst mal wieder in’s kühle Hotel, um die Weiterreise zu planen.
Hallo Florian,
schicke Dir zwischendurch kleine Tipps wegen Deines schmerzenden Knies…
Der Bike Fit Guru der brit. Nationalmannschaft und von Team Sky Phil Burt schreibt, dass etwas höhere Sitzhöhen gerne mal Schmerzen in der Kniekehle verursachen und zu tiefe eher für Schmerzen hinter der Kniescheibe verantwortlich sind. Hier könntest Du also ein bisschen herumprobieren.
Neben lockerem Pedalieren mit weniger Kraft, denken die wenigsten RadfahrerInnen daran die Bein-, Hüft- und Gesäßmuskeln VOR dem Losradeln ein paar Minuten zu dehnen. Das ist aber eine sehr vorteilhafte Sache.
Dann gibt es noch die Möglichkeit den Sattel tiefer zu stellen und mit dem Mittelfuß zu pedalieren (mit „Klick“ nicht möglich). Dadurch lässt sich die Unterschenkelmuskulatur entlasten. Auch das könnte für Dich spannend sein.
Das Vor- und Rückschieben der SPD Platte bringt dagegen selten was, eher streckenweise ohne Klick zu fahren, wo das clevere Biosystem Mensch selbst seine Position finden kann, ohne bewußtes Eingreifen. Dieser Aspekt wird gerade in der Biomechanik kontrovers diskutiert. Mit entsprechender Messtechnik konnte jedoch nachgewiesen werden, dass der Körper klug genug ist und man ihm idealerweise ein sogenanntes Bikefitwindow anbieten sollte, in dem er sich gut selbst regulieren kann. Das Verletzungsrisiko wird eher dadurch gesteigert, dass man bewußt versucht „rund zu treten“, anstatt den Körper unbewußt „machen zu lassen.“ (Runder Tritt ist ohnehin nur ein theoretisches Modell)
Dann könntest Du noch vorübergehend den Lenker tiefer stellen. Dadurch wird die Vordehnung des gr. Gesäßmuskels (Podex) erhöht, der die ersten 90° der Pedaldruckphase erledigt.
Liebe Grüße von
Franz aus Bonn
Hallo Franz!
Vielen vielen Dank für deine Tipps! Das klingt wirklich gut. Das mit der Sattelhöhe ist mir schon bekannt gewesen, und ich habe die letzten Tage versucht (eigentlich seit ich in Kasachstan das Problem wieder hatte) mit etwas niedrigerer Einstellung zu fahren. Das hat auch ganz gut geklappt. Ab Nukus hatte ich den Sattel dann wieder normal, was sich sofort gerächt hat. Also wieder ein klein wenig tiefer (nicht mal ein Zentimeter) und es scheint gleich besser zu gehen.
Ohne Klick zu fahren habe ich auch schon versucht, was aber aktuell bei mir genau zu dem gegenteiligen Effekt führt. Ich tendiere dann eher dazu mit der Fußspitze treten zu wollen. Anscheinend ist das kontraproduktiv, wie auch deine andere Empfehlung sagt (wusste ich bisher noch nicht! Danke!)
Nach einem holprigen Start aus Nukus ging es einigermaßen, sodass ich immmerhin 80 km am Stück ohne größere Probleme fahren konnte. Wenn es nun wieder schlechter wird, werde ich mal das Pedalieren ohne Klick mit Mittelfuß testen. Oder das Tieferstellen des Lenkers.
Ich vermute auch, dass längere Pausen (von mehreren Tagen) nicht besonders gut sind, zumindest war es danach verstärkt bei mir.
Mit „rundem Tritt“ zu fahren, mache ich nicht. Ich erhoffe mir durch die Klickies nur die definierte Position auf dem Pedal und einen besseren Halt.
Aber ich bin da aktuell ziemlich optimistisch, da es nicht schlimmer zu werden scheint und eine andere Einstellung bzw. Position sich ziemlich schnell darauf auswirkt.
Danke dir nochmal! Und viele Grüße nach Deutschland!
Florian