Eine Fährfahrt, die ist lustig…

Auschecken aus dem Hostel: Die Angstellte ruft für mich noch mal im Hafen an, um den aktuellen Status der Fähre zu erfragen. Um 15 Uhr muss ich dort sein! Es ist gerade kurz nach 12 Uhr. Mit dem Fahrrad unmöglich, 70 Kilometer.

Eine kurze Whatsapp gibt es noch an meine Radlerkollegen, und dann mache ich mich auf den Weg. Zum Abschied gibt es noch eine Flugshow für mich:

Nein, natürlich liegt das am Nationalfeiertag.

Per Rad aus der Stadt, um dann außerhalb von einer Tankstelle zu trampen. Schwieriger als gedacht! Besonders mit Rad. Ich spekuliere auf einen Pickup oder einen Laster.

Beim Daumen-Rausstrecken werden nach einiger Zeit die Männer der Werkstatt gegenüber auf mich aufmerksam, und möchten mir unbedingt helfen. Das Auto dort würde nach Alat fahren, und könnte mich für 30 AZN mitnehmen (er zeigt auf einen Kleintransporter, dem gerade ein Rad fehlt). Danach wird mir die Mitfahrt in einem kleinen Lada vorgeschagen. Das Gepäck könne man ja auf’s Dach binden. Ne, so habe ich mir das nicht vorgestellt. Ganz zufällig erhalte ich einen Anruf von einem Freund, einem anderen Radler, der mich abholen möchte. Mache ich zumindest die Männer glauben.

Tatsächlich stehe ich etwas später mit einem anderen Radler zusammen an einer anderen Stelle um Autos anzuhalten.

Ein einheimischer Radler (und Ramstein-Fan, was er mir ungefähr 10x erzählt nachdem er weiß, dass ich aus Deutschland komme), der mir beim Anhalten, Übersetzen und Verhandeln hilft. Es halten sogar sehr viele Pickups und Laster an, aber meist fahren sie nicht nach Alat, und mich nur 3 km mitnehmen zu lassen nutzt mir nichts. Dafür bekommen wir von zwei verschiedenen Fahrern Getränke geschenkt.

Da es doch langsam Zeit wird, entscheide ich mich für ein Taxi. Nachdem der Fahrer seinem anderen Gast per Telefon abgesagt hat, wird mein Rad eingeladen und es geht im Eiltempo nach Alat.

Am Hafen treffe ich auf einige Backpacker und Reisende aus den verschiedensten Ländern. Leider sind diese aber verschwunden, als ich aus dem Ticket-Container rauskomme. Also doch zu spät. Ok, dann muss ich wohl auf die nächste Fähre warten. Rudi, ein Belgier, Lucas und Gaspard aus der Schweiz leisten mir Gesellschaft.

Unser „Basecamp“:

Und noch jemand leistet uns Gesellschaft:

Die Fähre soll um 21 Uhr ablegen. „100%“. Später heißt es dann „heute noch“. Als wir dann endlich ablegen ist es irgendwas zwischen 1 und 2 Uhr in der Nacht.

Kurz zuvor erscheinen noch zwei Schweizer, die auch noch mitmöchten, aber leider kein Ticket mehr erhalten. Ein Selfie muss aber wenigstens noch sein. Und eines ihrer Räder ist auch ein Velotraum 😀

Die Überfahrt selbst ist sehr eindrücklich, ich verbringe lange Zeit damit, einfach nur an Deck zu stehen und auf’s Meer hinauszusehen. Sehr viel geht mir durch den Kopf. Und es ist der ideale Ort dafür, die Weite es Horizonts, die Abgeschnittenheit.

Nach dem Abendessen stehen wir alle zusammen hier oben und schauen den Sonnenunterang an:

Je näher die Sonne dem Horizont rückt, desto eiförmiger wird sie. Am Ende ist sie richtig plattgedrückt. Als sie dann beginnt sich über die Horizontlinie zu schieben, bildet sie die ungewöhnlichsten Formen. Mal sieht sie aus wie ein Pilz, dann wie ein Streifen, und irgendwann verschhwindet sie komplett und hinterlässt nur noch ein rötliches Glühen.

Auf der anderen Seite geht gleichzeitig der Vollmond auf.

Und ich frage Rudi (und mich selbst), wieso die Reflexion des Mondes auf dem Wasser eine Linie bildet. Eigentlich sollte ich sowas doch wissen, aber jedes Mal, wenn es mir einfällt und ich mir vornehme, es nachzuschlagen vergesse ich es wieder, sobald es aus den Augen ist. Die vielen kleinen Wellenberge stelle ich mir als millionen Spiegel vor, die in alle Richtungen hin- und herkippen und das Mondlicht reflektieren. Nur wieso sehe ich dann nur eine Linie und nicht die gesamte Wasseroberfläche erleuchtet?

Die Fahrt läuft sehr sehr ruhig, man merkt gar nicht, dass man auf einem Schiff ist. Am Horizont sieht man in Landnähe Öltürme und an einigen Stellen schwimmt eine Ölschicht auf dem Wasser 🙁

Als ich dann eine Plastiktüte vorbeischwimmen sehe, merke ich erst gar nicht, dass links von mir gerade jemand einen Abfalleimer entleert. Einfach in’s Wasser. Das Gleiche beobachte ich auch noch einige weitere Male. Traurig.

Nach 36 Stunden sind wir dann da, Zoll und Einreise gehen ziemlich gut, auch wenn ich wegen meines Rades ein wenig länger warten muss. Ich treffe die anderen dann noch in einem Café, die etwas niedergeschlagen sind, da sie gerade erfahren haben, dass die Grenze nach Turmenistan geschlossen ist. Sie müssen nun umplanen.

2 Kommentare zu „Eine Fährfahrt, die ist lustig…“

  1. Hallo Florian,

    zu der optischen Frage bezüglich der Reflexionen des Mondlichts im Wasser muss ich natürlich meinen Kommentar abgeben:
    Tatsächlich ist es zunächst so, wie Du beschrieben hast.
    Dadurch, dass das Wasser Wellen mit allen verschiedenen Flankensteigungen produziert gibt es ganz viele kleine Spiegel mit verschiedenen Winkeln, die jeweils kurz aufblitzen, wenn sie den Mond in dein Auge reklektieren.
    Da es sehr sehr viele sind, macht es den Eindruck einer kontinuierlichen Reflexion.
    In der direkten Linie Mond – Auge handelt es sich um flache Winkel. Diese kommen häufig vor. Wenn man Reflexionen rechts oder links von dieser direkten Linie anschaut, treten sie sehr viel seltener auf, da ein wesentlich steilerer Winkel notwendig ist (die Wellen haben aber eher einen flachen Winkel).
    Trotzdem treten einzelne Reflexionen auf, die werden aber kaum wahrgenommen.
    Bei der Sonne wird dieser Effekt auch „Schwert der Sonne“ genannt. Analog hast Du es also mit dem „Schwert des Mondes“ zu tun…

    Vielleicht kannst Du uns in der Wüste ja mal eine Fata Morgana fotografieren. Im Telekoleg Teil2 erkläre ich Dir dann die optischen Effekte 🙂

    VG
    Jörg

    PS: ich frage das alles ab, wenn Du wieder da bist.

    1. Hallo Jörg! Klasse Antwort, danke! Ein bisschen hatte ich ja darauf spekuliert, dass sich jemand dieser Frage annimmt 😀 Das mit den Winkeln klingt plausibel! Fata Morgana muss ich mal schauen, ob ich so eine sehe. Momentan ist das eher mal ne Fanta Morgana, oder auch mal was anderes (deutsches Bier findet man offensichtlich überall auf der Welt, auch wenn ich aktuell das einheimische bevorzuge).

      Viele Grüße! Florian

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