Stecke ich in Villa O’Higgins fest?

In gewisser Hinsicht schon. Definitiv was den Blog angeht. In Wirklichkeit waren es aber nur ein paar Tage.

Nach der Ankunft dienstags haben wir gleich Fährtickets für Donnerstag ergattert. Denn von hier gibt es keine Straße, die weiter führt.

Das ist, was ich gehört und gelesen habe: Eine Fähre bringt Rucksacktouristen und Radler über den O’Higgins See, wo direkt das Chilenische Grenzhäuschen steht, um auszuchecken. Dann geht es eine Schotter Straße ca 11 km bergauf, wo der interessante Teil anfängt. 6 km geht ein kleiner Pfad über Bäche und enge Passagen, auf denen an Fahrradfahren nicht zu denken sein soll.
Unten erwartet einen das argentinische Grenzhäuschen, am Lago del Desierto.
Darüber geht es entweder mit einer zweiten Fähre, oder für die ganz Verrückten einen 12 km Pfad um den See herum, ähnlich den 6 km die dann schon hinter einem liegen.
Wir kaufen gleich auch ein Ticket für den Lago del Desierto, die Fähre geht abwechselnd entweder um 11 Uhr oder um 17 Uhr, je nach Wochentag.

Mittwoch erfahre ich zwei Dinge. Das Erste ist ein „Zertifikat“, das man zum Abschluss der Carretera bekommen kann (ein Touri Ding, aber ich hab ja eh nicht viel zu tun hier). Eine schottische Ladenbesitzerin erklärt es mir, ich könne es mit Selfie Beweis an der Tourist Info abholen.
Dort möchten sie Pass und das Bild sehen. Aber mit meinem sind sie nicht zufrieden.
Ich müsse zum „Ende“ der Carretera. Das liegt am Hafen, 7 km weiter südlich.
Das Zweite was ich erfahre ist, dass der Hafen wohl gerade bis auf Weiteres geschlossen wurde. Und erst am Freitag eine Neubewertung des Wetters für Samstag erfolgt. Also sitzen wir hier erst mal fest.

Bei meiner Hafen Tour sieht alles super friedlich aus:

Nicht mal Radelklamotten habe ich angezogen! Wobei das daheim durchaus als Radelklamotte durchgehen würde für mich. Hier sind Jeans und Pullover aber echt schlecht zu waschen und vor allem zu trocken.

Dieses Schild sieht man, wenn man in der Gegenrichtung auf die Carretera startet. Ja, da können hin und wieder Radler auf der Straße sein, kann ich bestätigen!

Wenigstens bekomme ich nun die Urkunde (die ich sowieso nur maximal zerknittert, wenn überhaupt, bis Heim transportieren kann) und einen extra Stempel in den Pass.

Donnerstag schaue ich mir erst ein Buch an, das von meiner Gastgeberin geschrieben wurde, über die Geschichte des Ortes und die einheimischen Künstler, die entweder Wolle verarbeiten, Leder oder Hörner, oder auch Holzarbeiten.

Ich sitze am Ofen und genieße die Ruhe, nach vielen Tagen Action. Meine Gastgeber sind aufs Land gefahren (wo ich dachte, dass wir dort schon wären!). Sonst sind keine Gäste im Haus. Ich lerne, dass der Ort noch gar nicht so alt ist, erst in den 60ern entstanden ist. Währenddessen fährt draußen ein Postauto vorbei, das gleichzeitig Krankenwagen ist. Etwas später kommt eine Mini-Version eines Müllautos. Alles sehr friedlich, still und langsam hier.

Ein bisschen möchte ich auch die Gegend erkunden und wandern gehen („hiken“). Es gibt hier auch wieder sehr liebevoll angelegte Pfade.
Bevor es los geht, trägt man sich beim Ranger in eine Liste ein. Falls man verlorengeht unterwegs, wird man dann gesucht.
Wie zu erwarten, wird das Wetter aber immer schlechter.


Es fängt gerade zu regnen an, als ich am Aussichtspunkt bin. Zurück möchte ich aber nicht.

Das Schild schreckt mich erst ab, übersetze ich es doch mit „Schwieriger Untergrund“. Dann entscheide ich mich aber „Media“ mit „Mittel“ zu übersetzen, also „mittlere Schwierigkeit“. Das schaffe ich.
Hoch geht es auch gut und die Aussicht ist trotz Regen grandios.

Der Aufkleber ist nicht von mir! Aber ich finde es mega witzig, weil es so passend ist. Auf dem Weg bergab, als ich wieder das Tankstellen WLAN empfangen kann, bekomme ich eine Antwort auf meine WhatsApp Nachricht, dass die Fähre frühestens Samstag geht: „Ist es wenigstens nett dort?“ Ja, offensichtlich 😀

Es sind gar nicht mal so wenige Menschen hier oben. Nach etwas Geplaudere in meinem Pseudo-Spanisch mache ich mich an den Abstieg. Eine andere Strecke, die ziemlich steil herunter führt. Es ist nass und einige Stellen im Matsch rutschig. Ich bin froh, als ich unten wieder ankomme.

Jetzt teste ich erst mal eine Café-Empfehlung, die sich als super herausstellt. Richtiger Kaffee, statt Instant und dazu auch noch leckeren Kuchen. Und Jenny, die hier aushilft (und einen Radverleih betreibt), aus Michigan stammt und zwischen dort und hier in den Hochsaisons hin und her pendelt. Sie haben Satelliteninternet, neben dem der Tankstelle das schnellste im Ort. „1hourlimit“ ist nicht nur ein Hinweis, sondern auch das Kennwort, was einige Verwirrung stiftet.

Zu spät!


Bis vor ein paar Jahren gab es das noch genauso wenig, wie die Möglichkeit per Kreditkarte zu zahlen. Bargeld gibt es heute auch noch nicht. Ein echtes Problem, wenn man dann hier wegen schlechten Wetters strandet. Zum Glück heute nicht mehr, dank Kreditkarte.
Neue Restaurantempfehlungen gibt es auch noch.
Ob wir alle durchprobieren können, bevor das Wetter gut wird?

Der Freitag ist dann komplett verregnet. Die Zeit lässt sich im Café oder bei einigen Folgen Netflix irgendwie doch rumbringen.
Ob es bald gute Nachrichten vom Hafen gibt?