Frischer Asphalt vs. schottrige „Abkürzung“

Ja, wenn ihr den Titel lest, was würdet ihr wählen?
Klingt so, wie es hier steht, wie ein klarer Fall, aber lest unten mehr dazu.

Wir möchten zusammen weiter fahren, Richtung Süden. Dabei soll es über die schönsten Gebirgsstraßen Sloweniens gehen. Ich finde das richtig genial, Michael hat super viel Erfahrung, gibt mir ständig Tipps zum Fahren und signalisiert unterwegs gefährliche Stellen, falls mal Sand oder Kies in einer Kurve liegen (Rutschgefahr!), oder irgendwo mit Laserpistolen geschossen wird.

Das Bild musste noch vom Vortag mit rein, am Abzweig zum Mangart-Pass. Eigentlich eine super Idee, uns gegenseitig auf der Brücke zu fotografieren. Haben wir auch so getan. Aber viel erkennen kann man nicht. Wohl ein ähnlicher Fall wie wenn man den großen Vollmond mit der Handykamera fotografieren möchte.

Aber nun geht es weiter, durch Slowenien. Die Straßen sind toll, schön verschlungen durch die Berge, nicht immer perfekter Asphalt, aber immer sehr gut fahrbar. Bis zu einem Punkt:

Eine Baustelle, an der wir erst mal anhalten müssen. Der Verkehr wird alle 10 Minuten durchgelassen. Das eigentliche Problem ist aber der frische Asphalt. Bei einer Fühlprobe ist er noch richtig klebrig unter den Fingern. Und wir wissen nicht, wie es hinter der Kurve aussieht (wo die Laster hin verschwinden). Leider ist ein Umweg recht umfangreich, da wir durch ein Tal zwischen den Berggipfeln fahren und es nicht viele Alternativen gibt. Schließlich möchten wir es aber dann doch nicht riskieren, den Asphalt an den Reifen kleben zu haben und möglicherweise in der nächsten Kurve zu rutschen.

Nun geht es zurück, bestimmt 45 Minuten Umweg, aber da wir ja zum Fahren selbst hier sind, ist das nicht so tragisch. Nach einigen Minuten stoppt Michael. „Was hältst du von dieser Abkürzung, eine offizielle Straße, aber wir müssten relativ langsam fahren.“
Asphalt gibt es hier keinen mehr, und unter dem Wegweiser steht eine „20“ angeschrieben, womit wohl das Tempolimit gemeint ist.

„Lass es uns probieren!“

Unsere Reifen sind so rein gar nicht dafür geeignet, und es geht auch noch steil und schmal bergauf. Aber es macht Spaß 😀 Dazu kommen auch noch Kehren, und teils Gegenverkehr. In einer Kehre bin ich mir unsicher und bleibe stehen. Vermutlich nicht besonders klug, ob ich da jemals wieder weg komme? Bergauf, in die Kurve und bei losem Untergrund? Aber es klappt!

Michael fährt souverän voraus, und immer in sehr vorsichtigem Tempo, dass ich keine Probleme habe zu folgen. Ich schaue zwar nicht auf den Tacho, wir bleiben aber gefühlt deutlich unter den angeschriebenen 20 km/h.

Wird der Schotter grober, fühlt sich das Fahren darüber richtig schwammig, schwimmend an. Ich kenne solche Strecken vom MTB und da ist das absolut überhaupt kein Problem. Gar nicht. Das hier ist anders. Macht trotzdem Spaß!

Nun kommt ein Stück berauf, am steilsten Punkt ca. 60° nach rechts um die Kurve, und bisher der gröbste Schotter. Michael voraus, kein Problem. Ich lasse etwas Abstand und starte selbst. In der Biegung bin ich etwas unsicher, Bremse (vermutlich) mit der Vorderradbremse (Fehler!) und rutsche weg. Mir passiert nichts, aber das Motorrad liegt nun da unter mir. Ich hupe kurz um Michael, der schon um die Kurve ist, zurückzurufen. Alleine bekomme ich die hier nicht hoch.
Er kommt mit Verstärkung. Ein Einheimischer, Felix, der gerade mit dem Auto zur Arbeit starten wollte.
Mit vereinten Kräften richten wir die Maschine auf, und schieben sie das steilste Stück um die Kurve bergauf. Gar nicht so leicht! Bepackt wiegt das Teil geschätzt 270 kg, mit sehr ungünstigem Schwerpunkt.

Irgendwo kann ich dann starten und bis zu einem etwas flacheren Stück fahren, wo ich das Motorrad erst mal abstelle.
Michael und Felix sind schon am diskutieren, wo wir am besten weiter fahren, um auf besseren Untergrund zu kommen. Dabei spricht Felix perfektes Englisch. Er arbeitet in einer Fabrik in der Nähe und behauptet, überhaupt keine Übung im Englisch-Sprechen zu haben. Er ist etwas älter als wir, und sehr bescheiden. Die Diskussion geht noch eine halbe Ewigkeit und nach 8 möglichen Abzweigungen steige ich irgendwo aus (an der nächsten Kreuzung stehen wir gleich wieder und schauen in die Karten, hat also sowieso nichts gebracht 😉 ).
Erstaunlicherweise werden diese Straßen hier im Winter sogar geräumt und er fährt bei jedem Wetter. Für ihn das Normalste überhaupt.
Wir bedanken uns noch tausend Mal bei Felix, der nun per Auto zur Arbeit startet.

Die besagte nächste Kreuzung. Der linke Weg sieht super befahrbar aus. Rechts geht es steil, schottrig und kurvig nach unten. Aber dort folgt auch ein Dorf, mit vermutlich besserem Straßenbelag.

Michael fährt mit GoPro, filmt aber nur hin und wieder mal. Er ärgert sich etwas, dass er meinen Abgang, oder zumindest die Rettungsaktion nicht aufgenommen hat. Ich dachte auch kurz daran ein Foto zu machen, habe es dann aber wieder verworfen.

Also dort runter!

Ich bekomme noch mal Tipps zum Fahren, und dann geht es los. Nach 100 Metern wechseln wir aber die Strategie. Es rutscht nur noch….
Motor aus, 1. Gang eingelegt, und dann mit der Kupplung bremsen. Vorteil ist, dass das Hinterrad bremst, und wir beide Füße am Boden haben können. Aber es ist völlig ungewohnt, denn beim Ziehen der Kupplung löse ich die „Bremse“ und beim Loslassen des Hebels blockiert das Hinterrad.
Ein weiteres Mal kippt mir das Motorrad. Diesmal quasi aus dem Stand.

BMW müde. BMW schlafen.

Logisch! Ich brauchte doch noch ein Foto!
Aufheben und weiter. Wir rutschen noch etwa einen Kilometer, um Kurven und Kehren, werden dabei von einem MTBler überholt (der sich wahrscheinlich wundert, wo da überhaupt das Problem sein soll) und landen dann endlich wieder auf Asphalt.

Erst mal alle Klamotten wechseln, komplett durchgeschwitzt. Wir sind super happy und in echt guter Stimmung. Was ein Abenteuer!

Kleine Erfrischung am Wegesrand nachdem wir wieder auf echten Straßen angekommen sind.

Eigentlich war der Plan heute bis nach Kroatien zu fahren. Der See, zu dem wir nun kommen (Bohinjso jezero) war nur der erste Zwischenstopp. Da war die Abkürzung aber noch nicht einkalkuliert.

Einer der wenigen Plätze, die noch geöffnet sind!

Direkt neben uns stehen zwei Mädels, die im Auto durch Europa touren. Sie sind aus Kanada, bzw. der Schweiz / Frankreich (es ist kompliziert!) 😀 Wir stehen noch ewig im Waschraum während unsere Wäsche trocknet und erzählen und erzählen. Draußen wird es mittlerweile schon ziemlich kühl. Was ein Tag!